Sonntag, 6. Juni 2010

Wolle als Wegwerfprodukt?

Das habe ich auch erlebt. Wir haben Stellen in Österreich, die Wolle aufkaufen und weiterverarbeiten. Es gibt einige wenige Spinnereien, die Streichgarne erzeugen, manche kleine Firmen erzeugen auch Wollsteppdecken. Mit seinem Aufschwung hat das Filzen wieder etwas mehr Nachfrage erzeugt. Generell muss man aber sagen, dass die Wolle der Schafe bei uns ein Nebenprodukt ist und als solches auch nicht die Qualität aufweist, die man sich erwartet. Da ich meine Wolle zum Spinnen zukaufe, kann ich, zumindest halbwegs gut, Qualitäten zu unterscheiden. Es gibt Wollen, die sind wirklich weich und flauschig. Ich will halt keinen Strickpullover der nur kratzt. Als Weber oder Spinner muss das Produkt eine gewisse Qualität halten, sonst hat es keine Berechtigung. Als Handwerker kann man ein bestimmtes Segment auch kommerziell abdecken, dann muss die Qualität und das Design stimmen. Die Zeiten, wo ein handwebter Schal an sich schon besonders war, sind vorbei. Die Produkte müssen den Preis wert sein, sonst ist der Preis nicht gerechtfertigt. Das gilt für den Teppich, wie für ein Möbel oder einen Schal in gleicher Weise. Handwerk soll etwas Beständiges und qualitativ Hochwertiges sein. Das erwarte ich mir in allen Bereichen so.
Dahin gehen auch meine Überlegungen. Ich möchte Wolle zu dem Zweck verwenden, zu dem sie geschaffen ist. Aus einer steifen dicken Bergschafwolle werde ich kein flauschiges Produkt herstellen können. Die Wolle bestimmt das Endprodukt. Wenn ich diverse Wollen von heimischen Züchtern bekommen würde, dann würde ich sie auch kaufen. Ich bezahle nicht einen hohen Preis, nur weil es heimische Schafwolle ist. Hat man selbst Schafe wegen Fleisch oder Milch, und möchte diese Wolle verweben, dann muss man sich entsprechend auch die Produkte dazu wählen.
Meine Überlegungen in Sachen Spinnrad und Weben sind daher mehrschichtig. Einerseits will ich mir schon Gedanken machen, wie man die vorhandenen Ressourcen, sei es eigene Wolle oder Garne einheimischer Betriebe, sinnvoll verarbeiten kann. Das wird sicher auch in der Zukunft für mich ein Aspekt sein. Dieses Thema würde ich mit anderen WeberInnen auf breiterer Basis gerne bearbeiten. Für diese, momentane, Hausübung muss ich meine Leser in der Richtung aber ein wenig enttäuschen. Die Bereiche, die ich gewählt habe oder in den nächsten Wochen noch bearbeiten werde, gehen ein wenig in eine andere Richtung. Ich denke intensiver darüber nach, in welchen Bereichen sich der Aufwand Material zu kaufen, zu verspinnen, und dann zu verweben sich lohnt. Womit ich mich beschäftige sind überdrehte Garne, Papiergarne und wahrscheinlich noch Tweedgarne und wie ich "Fantasygarne" in Geweben zur Geltung bringen kann.
Doch mehr dazu in weiteren Beiträgen. Wer Lust hat, sich an der Diskussion über die sinnvolle Verwendung von einheimischer Schafwolle zu beteiligen ist herzlichst dazu eingeladen. Vielleicht können wir unsere Ergebnisse zusammentragen.

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